16. Oktober 2020
Wie eine Gruppe junger Bozner*innen die erste partizipative Aufforstungsaktion Südtirols startete
Im Oktober 2018 zog ein ausgedehntes Tiefdruckgebiet, das „Sturmtief Vaia“, über den Alpenraum hinweg. In einigen alpinen Regionen, darunter auch in Südtirol, wurden Sturmböen mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h gemessen. Sie verursachten große Schäden: Ganze Waldgebiete wurden dem Erdboden gleichgemacht. Allein in der Provinz Bozen wurden 5.918 Hektar Wald vollständig zerstört. Das ist doppelt so viel Holz, als bei einer nachhaltigen Forstbewirtschaftung dem Wald jährlich entnommen würde [1].
Als wir die vom Sturmtief Vaia zerstörten Waldgebiete sahen, fragten wir uns, wie wir der Natur helfen könnten, sich schnellstmöglich wieder zu erholen. Gleichzeitig wollten wir auch auf die Bedeutung des Ökosystems Wald und auf die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels hinweisen
Von der Idee bis zur Umsetzung des Projekts vergingen einige Monate voller Ideen und Herausforderungen. Zuerst wurde das Landesforstkorps kontaktiert, das sofort Interesse zeigte und den jungen Aktivist*innen wertvolles Wissen mit auf den Weg gab. So wird etwa in Südtirol nur ein kleiner Teil der entwaldeten Gebiete wieder aufgeforstet: Siedlungs- und pistennahen sowie von Rutschungen bedrohten Hängen wird dabei der Vorzug gegeben. Alle restlichen zerstörten Waldgebiete werden Mutter Natur anvertraut. Dank einer günstigen Bestäubungsperiode im Jahr 2019 sprossen bereits zahlreiche neue Bäumchen aus dem Boden, die nicht eigens künstlich eingesetzt werden mussten.
Nichtsdestotrotz konnte dank der Forstverwaltung ein zerstörtes Waldgebiet nahe Obereggen ausfindig gemacht werden. Dort sollten Fichten-, Lärchen- und Ebereschen-Setzlinge der Landesforstgärten eingepflanzt werden, um den steilen Hang zu stabilisieren.
Bild 1: Kleine Fichten wurden in einem zerstörten Waldgebiet nahe Obereggen eingesetzt.
„Wir wollten die Bäumchen aber nicht nur als Gruppe von Freund*innen einsetzen. Unsere Aufforstungsaktion sollte eine Möglichkeit für die gesamte Gesellschaft sein, dem Ökosystem Wald zu begegnen. Das Ziel war, so viele Personen wie möglich daran teilhaben zu lassen“, erklärt Greta, auch sie Mitinitiatorin des Projekts.
Daher organisierten die jungen Aktivist*innen die erste partizipative und für alle offene Aufforstungsaktion Südtirols, „South Tyrol Plants“. Auf einer eigens erstellten Website konnten sich Interessent*innen anmelden. Über die Facebook- und Instagram-Profile der Aktion wurde in der Zwischenzeit eifrig Wissenswertes über den Wald gepostet. Schließlich galt es noch, den lange erwarteten Aktionstag bis in die kleinsten Details zu planen und zu organisieren.
Bild 2: Das “South Tyrol Plants” Team und das Landesforstkorps der Autonome Provinz Bozen.
„Die Resonanz war beeindruckend, weit über unseren Erwartungen: Aufgrund der COVID-19-bedingten Sicherheitsvorkehrungen konnten zwar nur 70 Personen an der Aufforstung teilnehmen, wir hatten aber 200 Anfragen erhalten!“, freut sich Anna, Doktorandin in Forstwirtschaft und „South Tyrol Plants“-Mitglied.
Und tatsächlich erwies sich die Baumpflanzaktion am 5. September 2020 als voller Erfolg: Man sah fröhliche Gesichter, zufriedene Jugendliche und Familien, vereint in der Gewissheit, einen wertvollen Beitrag geleistet und ein Zeichen für zukünftige Generationen gesetzt zu haben.
Bild 3: 70 Personen haben an der Aufforstung teilgenommen.
Bild 4: Aufforstungen sind konkrete Aktionen, die nicht nur dem Ökosystem Wald helfen, doch auch das ökolische Herz der Organisatoren un Teilnehmer höher schlagen lässt.
„Wir konnten uns auch über einen wahren Medien-Boom und Interviews im Radio, Fernsehen und in Zeitungen freuen. Sogar in die nationale Tagesschau haben wir es geschafft! Dass wir nun die essenzielle Bedeutung des Ökosystems Wald für unser Wohlergehen so vielen Leuten mit auf den Weg gegeben haben, stimmt uns sehr zuversichtlich“, resümiert Ariane, die in ihrem Leben schon an einigen Baumpflanzaktionen teilgenommen hat.
„South Tyrol Plants“ hat nicht nur die acht jungen Organisator*innen, sondern auch die zahlreichen Teilnehmer*innen über Südtirol hinaus nachhaltig geprägt und inspiriert. Für das Frühjahr 2021 ist bereits ein zweiter Aktionstag geplant. In der Zwischenzeit legt sich noch etwas Schnee auf die Nadeln und Blätter der 500 neu gepflanzten Setzlinge nahe Obereggen.
Bild 5: In Obereggen 500 neue Bäume haben ein neues Haus gefunden, in dem das Winter und die nächste Jahrzehnten leben werden.
Fotoquelle: Das Team von South Tyrol Plants (Matthias, Ariane, Greta, Tommaso, Anna, Johannes, Giulia e Felix). Obereggen, 5 September 2020.
Für weiter Informationen über South Tyrol Plants: www.southtyrolplants.org
Seitenverzeichnis
[1] http://www.provincia.bz.it/agricoltura-foreste/servizio-forestale-forestali/downloads/2020_IT_VII_Situationsbericht_Vaia.pdf